Sonderpreis

Am Wochenende bin ich mit einer Freundin über einen Weihnachtsmarkt geschlendert. Zwar liegt noch kein Schnee, aber durch die Drehorgel eines unter einem Christbaum stehenden Weihnachtsmannes, den Zimtgeruch und die dazugehörige Kälte, wodurch alle Menschen in dicken Schals und Wollmützen eingepackt waren, kam doch ein leicht weihnachtliches Gefühl auf.

Wir schlenderten an den üblichen Ständen vorbei, von Glühwein, Mandeln, Christbaumschmuck und Räucherwerk bis zu Holzspielzeug und warmen, pelzigen Winterklamotten. An einem Stand blieb ich etwas länger stehen: ein Afrikaner verkaufte interessante Lampen. Ich überlegte lange, ob ich in meine noch relativ neue Wohnung nicht ein solches Exemplar mitnehmen sollte, entschied mich dann aber doch dagegen. Dennoch kaufte ich ihm etwas ab: eine Packung Kirschtabbak für meine Wasserpfeife. Das interessante war der Zahlungsprozess, der in seiner Gesamtheit mit Sicherheit 2 Minuten gedauert hat:

Die Packung kostete 3,60 Euro und ich drückte dem Verkäufer 10,60 Euro in die Hand. Er nahm das Geld, betrachtete es einige Momente regungslos, machte dann plötzlich eine abwinkende Bewegung und gab mir die 60 Cent wieder zurück, und meinte, er komme sonst nur ganz durcheinander. Ich konnte zwar nicht verstehen, wieso ihn meine 60 Cent verwirrten, ließ ihm aber die Freiheit, mir lieber 6,40 Euro anstatt 7,- Euro zurückzugeben.
Doch wieder verfiel er in eine kurze Starre. Anscheinend überlegte er. Auch ich begann nachzudenken: Sollte ich so frech sein, und ihm laut vorrechnen? Oder sollte ich ihn fragen, woran er dachte und ob ich ihm helfen könnte? Doch genauso plötzlich wie vorhin machte er auch jetzt eine abwinkende Bewegung, griff in seine Tasche, reichte mir ein paar Münzen und meinte: „Das passt schon so!“ Ich schaute in meine Hand und da hatte ich genau 4 Euro von ihm erhalten.
Seine übermäßige Freizügigkeit in Ehren, aber damit wollte ich mich dann doch nicht zufrieden geben, machte ihm das auch verständlich, und er nahm seine Münzen wieder zurück. Er sei ganz durcheinander, gestand er dann. Er griff nach Zettel und Stift und fing an, auszurechnen. Ein verwunderter Blick zu meiner Freundin zeigte mir, dass sie ebenso wie ich etwas hilflos in dieser Situation war. Während er so rechnete kam wieder eine seiner plötzlichen Bewegungen, und er erkannte anscheinend, dass er so auch nicht zu Klarheit kam. Jetzt gab ich mir einen Ruck und erklärte ihm er solle ruhig meine 60 Cent nehmen, dann wäre es am einfachsten, und er brauche mir nur 7 Euro zurückgeben. Er griff in einen anderen Geldbeutel, zählte 7 Euro und gab sie mir.

Heute lief ich zufällig wieder über diesen Markt und dachte schon daran, bei ihm eine Lampe für 12,50 und ein Apfeltabbak-Päckchen für 3,60 zu kaufen und mit meinem 50,- Euro-Schein zu bezahlen. Aber er war nicht da und ich fand es dann doch merkwürdig, welch Eigentümlichkeiten eine Kauflust in mir erregen können…

2 Gedanken zu „Sonderpreis

  1. Rotfell

    Also, ich arbeite in einem Zeitschriftenlädchen als kleiner Nebenjob und ich muß gestehen, daß es mir auch schon passiert ist, daß ich völlig auf der Leitung saß und die einfachste Kopfrechnung nicht hinbekam.

    Das passiert mir aber nur bei Kunden, die mich nervös machen, indem sie schon gereizt, genervt oder zornig den Laden betreten.

    Da will man dann alles richtig und schnell machen und verhaspelt sich dabei völlig… und kommt leider allein nicht mehr raus.

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  2. Iwi

    Ich hoffe, ich wirkte nicht zu kritisch mit meiner Beschreibung der Situation.

    Aber schön mal kurz in die andere Situation hineingedacht zu werden, auf die andere Seite der Theke quasi…

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